Übervolle Heime, quälend lange Asylverfahren, Rücktritt des Behördenchefs: Beim Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge herrscht Katastrophenstimmung. Jetzt hat sich der neue Chef der Behörde, Frank-Jürgen Weise, zu einem überraschenden Schritt entschlossen.
Laut einem Bericht der Düsseldorfer Tageszeitung „Rheinische Post“ soll die US-Beratungsfirma McKinsey & Company der Bundesregierung bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise helfen. Eine entsprechende Vereinbarung habe Weise mit dem früheren McKinsey-Deutschlandchef Frank Mattern (Firmenfoto: McKinsey & Company) getroffen, so die Zeitung.
Demnach sollen die Consultants dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge helfen, die Asylverfahren zu beschleunigen und eine bundesweite Struktur zur Registrierung, Erfassung und Versorgung der Flüchtlinge zu etablieren. Die Bundeskanzlerin habe dem Vorgehen zugestimmt, heißt es in dem Bericht.
Zunächst unentgeltlich
Mattern werde dazu ein Team von bis zu zehn Beratern aufbauen, das „zunächst unentgeltlich“ arbeiten soll. Aus diesem Pro-Bono-Auftrag kann aber anscheinend noch mehr werden. Ob es zu einer dauerhaften Unterstützung komme, werde bald geklärt, heißt es weiter in dem Bericht. Und: McKinsey sei deswegen gefragt worden, weil die Consultants bereits einschlägige Erfahrung hätten. Die Firma soll die schwedische Regierung auf diesem Gebiet beraten haben.
Mattern war Chef des „German Office“ (so die McKinsey-interne Bezeichnung für die deutsche Zweigstelle der Beratungsfirma), und zwar von 2007 bis 2014 (siehe ConsultingStar, Bericht vom 27. Oktober 2006). Seither ist der Consultant für Strategie, Organisation und Marketing zuständig.
Offiziell bestätigt wird die Meldung der Rheinischen Post jedoch nicht: Eine entsprechende Anfrage von ConsultingStar bei McKinsey wurde mit dem üblichen Hinweis beantwortet, dass die Firma keine Auskunft zu „möglichen Klientensituationen“ gebe. Und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge heißt es, dass es nur einen Vertrag zwischen der Bundesagentur für Arbeit und McKinsey gebe. Das Bundesamt für Migration prüfe derzeit lediglich, ob und in welchem Umfang externe Unterstützung für die „Herausforderungen durch die hohen Flüchtlingszahlen“ erforderlich sei.
Fest steht aber, dass McKinsey durchaus Erfahrung hat, wenn es darum geht, Ordnung ins Chaos einer Behörde zu bringen: Anfang 2004 vergab der damalige Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster (SPD), an McKinsey und Roland Berger einen entsprechenden, millionenschweren Auftrag. Gerster hatte diesen Auftrag aber nicht ordnungsgemäß ausgeschrieben, sondern freihändig vergeben. Deswegen musste er wenig später seinen Hut nehmen.
Kein Erfolg
Was die Qualität der Arbeit von McKinsey und Roland Berger bei der heutigen Bundesagentur für Arbeit angeht, so gehen die Meinungen auseinander. Der deutsche Fernsehjournalist Thomas Leif kommt in seinem Buch „Beraten & verkauft" zum Schluss, dass McKinsey und Berger so gut wie keinen Erfolg gehabt hätten (siehe hierzu auch ConsultingStar, Bericht vom 12. Mai 2006).
Florian Gerster wurde seinerzeit von Frank-Jürgen Weise abgelöst. Weise ist auch heute noch Chef der Bundesagentur für Arbeit. Den Präsidentenjob beim Bundesamt für Migration hat er auf Bitten des deutschen Innenministers, Thomas de Maizière, zusätzlich übernommen. Zumindest besteht somit kein Zweifel daran, dass Weise Erfahrung im Umgang mit Unternehmensberatern hat.
pan