Fast schon Routine: Seit einigen Jahren bauen die Big Four – die Prüfungsgiganten PwC, EY, KPMG und Deloitte – ihre Beratungssparten aus. Sie stellen dabei nicht nur Consultants ein, sondern werben ganze Beraterteams ab und, wenn die Gelegenheit gerade günstig ist, kaufen sie auch die eine oder andere Consultingfirma. Eine solche Gelegenheit hat jetzt EY genutzt.
Vor knapp drei Jahren schloss EY (früher: Ernst & Young) einen komplexen Pachtvertrag mit der J&M Management Consulting AG, übernahm die Mitarbeiter der Mannheimer Beratungsfirma und rundete auf diese Weise sein Dienstleistungsangebot in Richtung Supply Chain Management Consulting ab (siehe ConsultingStar, Bericht vom 6. Februar 2013). Dann war erst einmal Schluss mit Zukäufen im deutschsprachigen Raum.
Heute teilt EY mit, dass man sich mit der österreichischen Beratungsfirma Contrast Management Consulting „zusammengeschlossen“ habe.
Ungleiche Größenverhältnisse
Das Wort Kauf oder gar Übernahme nimmt dabei keiner der Beteiligten in den Mund (EY-Firmenfoto v.l.n.r.: Gunther Reimoser, Leiter des Bereichs Management Consulting bei EY Österreich; Helmut Maukner, Chef von EY Österreich, und Contrast-Chef Werner H. Hoffmann). Dabei ist es angesichts der ungleichen Größenverhältnisse völlig klar, wer hier wen absorbiert.
EY beschäftigt weltweit über 188.000 Mitarbeiter. Der Umsatz belief sich im Geschäftsjahr 2015 auf 28,7 Milliarden US-Dollar, umgerechnet etwa 26,3 Milliarden Euro. EY-Österreich hat 2014/15 mit über 750 Mitarbeitern rund 100 Millionen Euro Umsatz erzielt.
Dagegen wirkt Contrast wie ein Zwerg. Die gesamte Consultingruppe (einschließlich Tochtergesellschaften) hat laut Firmenangaben 2015 mit 120 Beschäftigten 13 Millionen Euro Umsatz erzielt.
Die Osteuropa-Töchter von Contrast werden im Übrigen nicht von dem Deal erfasst. Es sei noch offen, wie deren Geschäft künftig organisiert werden soll, heißt es. Über die weiteren Konditionen der Transaktion wollen die Beteiligten keine Auskunft geben.
Contrast wurde vor 25 Jahren von den Hochschullehrern Rolf Eschenbach und Werner Hoffmann gegründet – als Spin-off der Wirtschaftsuniversität Wien, mit der die Berater bis heute eng verbunden sind.
Auch Klienten in Deutschland
Nicht untypisch für ein österreichisches Beratungshaus ist die relativ starke Präsenz in den Ländern Mittel- und Osteuropas. Contrast hat jedoch auch Klienten in Deutschland beraten.
Mit dem Coup will sich EY etwas näher an McKinsey, Boston Consulting und Roland Berger schieben sowie den Abstand zu PwC und Deloitte verkleinern, die auf dem Gebiet der klassichen Managementberatung weitaus stärker vertreten sind.
PwC hatte 2014 Booz & Company übernommen (siehe ConsultingStar, Bericht vom 3. April 2014), Deloitte schnappte sich 2012 die US-Beratungsfirma Monitor (siehe ConsultingStar, Bericht vom 22. November 2012).
Die Österreicher sollen sagen, wo's langgeht
Bemerkenswert an dem aktuellen Deal ist auch, dass die Österreicher künftig bei EY die Marschrichtung beim Management Consulting angeben sollen. Contrast werde das Kompetenzzentrum für den gesamten D-A-CH-Raum mit insgesamt 2000 Mitarbeitern bilden und diesen Bereich von Wien aus leiten, heißt es dazu in der Mitteilung von EY.
Laut EY werden die Schwerpunkte des Beratungsangebots die Themen Strategie, Organisation, Controlling & Finance sowie Restrukturierung und Post Merger Integration sein. Weiterhin wird auf die jahrelange Zusammenarbeit mit dem Controller Institut gesetzt und in diesem Bereich Aus- und Weiterbildungsprogramme in Controlling, Accounting, Corporate Finance sowie Strategie und Führung angeboten.
18.01.2016, pan