Oops! IBM did it again: Vergangene Woche verkündete der weltweit tätige IT-Dienstleister mit Sitz in dem Städtchen Armonk im Bundesstaat New York, dass er die US-Digitalagentur Resource/Ammirati übernehmen werde. Heute gibt „Big Blue“ (Spitzname von IBM) einen ähnlichen Deal bekannt. Die Amerikaner wollen die deutsche Aperto AG kaufen.
Beim Namen IBM denken die meisten Zeitgenossen an Computer und IT-Services und keineswegs an digitales Marketing und mehr. Das soll sich ändern. Die Kunden des Konzerns bekommen künftig eine Kombination aus Strategieberatung, Analytics und Cognitive Computing geboten. Mit dem Kauf von Aperto wolle man eine Antwort auf den entsprechenden Bedarf der Wirtschaft geben, so IBM.
Teil von IBMs Agentur-Netzwerk
Die Aperto AG ist das Mutterunternehmen einer inhabergeführten Agenturgruppe mit Hauptsitz in Berlin. Laut IBM soll die Gruppe Teil des Digitalagentur-Netzwerks IBM Interactive Experience (IBM iX) werden.
Hauptgesellschafterin der Aperto AG ist die Dirk Buddensiek Holding GmbH, Berlin, mit einer Beteiligungsquote von knapp über 77 Prozent (Stand 2014). Vorstandsvorsitzender ist Dirk Buddensiek (Firmenfoto unten: Aperto AG).
Der 1965 geborene „digitale Frühaufsteher“ (Aperto über Buddensiek) hat Aperto 1995 gegründet. Damals zeichnete sich aber bereits der Boom der Internet-Agenturen deutlich ab. Zuvor hatte der studierte Wirtschaftsingenieur den Multimedia-Bereich der Werbeagentur Scholz & Friends aufgebaut. Auch als Marketing-Redakteur hatte Buddensiek bereits gearbeitet – beim Berliner Radiosender rs2.
Eindrucksvolle Kundenliste
Buddensiek und seine Kreativen haben zahlreiche bekannte Konzerne aus der Privatwirtschaft beraten, etwa den Flugzeugbauer Airbus, den Wolfsburger Autohersteller Volkswagen, den Technologieriesen Siemens und den Brausehersteller Coca Cola. Auf Apertos langer Kundenliste finden sich aber auch Namen aus dem öffentlichen Sektor, allen voran die deutsche Bundesregierung.
Nicht minder eindrucksvoll ist auch die Liste von Auszeichnungen und Preisen, mit der sich die Konzerntochter media.net schmücken darf: ADC Wettbewerb, Annual Multimedia, German Design Award oder The Lovie Award.
Trotz all dieser Lorbeeren ist Buddensiek stets auf dem Teppich geblieben. Im Jahr 2001, als der New-Economy-Rausch verflogen war und viele Multimedia-Agenturen pleite gingen, übernahm er den Vorstandsvorsitz bei der Aperto AG.
In die roten Zahlen gerutscht
Mit seinen weltweit mehr als 350 Mitarbeitern und Büros in Berlin, Peking, Dubai und Basel versuchte Buddensiek, möglichst alle Kommunikationsdisziplinen abzudecken und seinen Kunden integrierte Lösungen zu bieten – egal ob diese nun profitabel waren oder nicht. In den letzten Jahren scheint dem Agenturgründer dann doch irgendwie die Kontrolle entglitten zu sein.
2014 rutschte Aperto in die roten Zahlen. Bei einen Gesamtumsatz von rund 15 Millionen Euro wirkt ein Fehlbetrag von etwas über 600.000 Euro zwar nicht dramatisch. Dennoch musste Buddensiek sämtliche Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an seine Gläubiger Commerzbank und Berliner Volksbank abtreten und weitere Sicherheiten stellen. Die Aperto-Tochtergesellschaft Plantage Agentur wurde mit in die Haftung einbezogen und die Anteile an der Plantage Agentur und an der aperto move GmbH verpfändet.
Umfangreiche Reorganisation
Buddensiek leitete auch ein umfangreiches Reorganisationsprogramm ein. Ziel war es, die Kernbereiche des Geschäfts zu stärken und die Strukturen der Agenturgruppe zu vereinfachen. Hierdurch sollten Kosten- und Organisationssynergien gehoben, die Ertragskraft verbessert und die Wachstumskraft gestärkt werden.
Ob die Reorganisation Wirkung zeigt, ist offen. Die Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2015 sind noch nicht veröffentlicht worden. Eine Anfrage von ConsultingStar bei Aperto mit dem Ziel, die aktuellen Geschäftszahlen zu bekommen, blieb unbeantwortet.
Über die Konditionen des Deals mit IBM wollen die Beteiligten ebenfalls nicht reden. Mit Blick auf die angespannte Lage bei Aperto und den Druck, den die Banken in solchen Fällen aufbauen, kann man jedoch davon ausgehen, dass IBM für Aperto nicht allzuviel Geld in die Hand nehmen muss.
03.02.2016, pan