Jürgen Kunz, seit 2008 stellvertretender Vorsitzender der Gummersbacher Kienbaum Holding GmbH und lange Zeit designierter Nachfolger von Firmenchef Jochen Kienbaum, verlässt das Beratungsunternehmen. Das berichten übereinstimmend die Online-Ausgaben der Düsseldorfer Wirtschaftswoche und des Hamburger Manager Magazins unter Berufung auf interne und externe Quellen.
Vor rund zehn Jahren – kurz vor seinem sechzigsten Geburtstag – überraschte Jochen Kienbaum die Öffentlichkeit mit der Meldung, er werde sich bald aus der Geschäftsführung zurückziehen. Hausjustiziar und Kienbaum-Intimus Jürgen Kunz (Firmenfoto: Kienbaum) rückte damals auf den neu geschaffenen Posten eines stellvertretenden Vorsitzenden der Beratungsgruppe.
Der promovierte Rechtsanwalt solle Interimschef werden, hieß es – solange bis ein Familienmitglied die Führung übernehme.
Mitten im Trennungsprozess
Offensichtlich hat es sich Kienbaum zwischenzeitlich anders überlegt. Nicht der fast 70 Jahre alte Firmenpatriarch nimmt seinen Hut, sondern der knapp zehn Jahre jüngere Jurist. Das Unternehmen befinde sich „aktuell mit Herrn Dr. Kunz im Trennungsprozess“, sagt Saskia Leininger, Sprecherin des Beratungshauses auf Anfrage der Wirtschaftswoche. Weitere Informationen könne sie wegen der laufenden Verhandlungen nicht geben.
Der Rheinländer Kunz arbeitet seit 1989 für Kienbaum. Der „Hobbyspringreiter“ (Manager Magazin), der die Leidenschaft für teure Pferde mit seinem Chef teilt, habe sich nicht nur um die rechtlichen Angelegenheiten des Unternehmens gekümmert, so ein Insider, sondern stets auch die Kienbaum-Familie in privaten Dingen beraten. Der Einsatz zahlte sich aus: 1998 stieg Kunz auf zum Geschäftsführer der Kienbaum-Dachgesellschaft.
Kleiner Führungszirkel
Kunz sei Mitglied eines kleinen Führungszirkels um Jochen Kienbaum gewesen, so übereinstimmend mehrere Kenner des Unternehmens gegenüber ConsultingStar. Diese wenigen Männer hätten mit ihren einsamen Entscheidungen viele hervorragende Leute aus der Firma getrieben, so die Ansicht dieser Informanten.
Als ein Beispiel für diese Personalentscheidungen gilt die Beförderung von Kunz selbst. „Wie soll jemand ein Beratungsunternehmen führen, der keine Erfahrung als Berater hat?“ hieß es seinerzeit in Firmenkreisen.
Das aktuelle Karrieredrama läuft vor dem Hintergrund eines tief greifenden Wandels in dem 70 Jahre alten Beratungshaus, dessen Führung als provinziell gilt und erst kürzlich seinen Sitz vom oberbergischen Gummersbach ins quirlige Köln verlagert hat. Kienbaum versucht einen schwierigen Spagat, indem es seinen Kunden – meist Mittelständlern und Behörden – einen Mix aus Personal-, Management- und Kommunikationsberatung verkauft.
Rückläufiger Umsatz
2015 erzielte das Unternehmen laut Manager Magazin rund 110 Millionen Euro Umsatz – fünf Millionen Euro weniger als 2014. Das ist alarmierend, wenn man bedenkt, dass die Consultingbranche seit Jahren von Rekord zu Rekord eilt. Das durchschnittliche Wachstum der deutschen Beratungsunternehmen betrug 2015 laut einer Studie des Bonner Branchenverbands BDU sieben Prozent (siehe ConsultingStar, Bericht vom 24. Februar 2016).
Trotz flauer Geschäfte: Kienbaum gehört nach wie vor zu den führenden Beratungsgesellschaften in Deutschland. Eine echte Spitzenstellung hatten die Consultants jedoch nur bei der anzeigengestützten Personalsuche. Die großformatigen Inserate in den Samstagsausgaben der überregionalen Zeitungen, auf denen stets unübersehbar der Firmenname prangte, verkauften sich wie geschnitten Brot. Kienbaum konnte das Geld sozusagen mit der Schubkarre nach Hause fahren.
Doch der Umsatzmotor Stellenanzeige läuft seit langem nicht mehr rund. Viel zu spät änderte der Firmenchef seine Strategie und setzte den Schwerpunkt auf das hochpreisige Executive Search – die Personalsuche per Headhunter. Die dazu erforderlichen Kopfjäger musste Kienbaum größtenteils teuer von der Konkurrenz abwerben.
Rote Zahlen
Der Strategieschwenk verlief nicht ganz so glatt wie geplant. 2013 rutschte das Unternehmen tief in die roten Zahlen. Der Bereich Executive Search habe die Erwartungen auf der Umsatzseite nicht erfüllt und das Ergebnis belastet, heißt es im Geschäftsbericht der Kienbaum-Gruppe. Der Firmenchef musste auf die Kostenbremse treten und massiv Personal abbauen. Die Zahl der Mitarbeiter sank von 730 (2013) auf aktuell knapp 650.
Das alles sind nicht gerade ideale Bedingungen für einen Generationswechsel an der Spitze. Kienbaums Sohn Fabian (im Firmenfoto links neben Jochen Kienbaum) bereitet sich seit etwa zwei Jahren auf die Übernahme der Geschäftsführung vor. Derzeit kümmert sich der Diplom-Kaufmann, der im kommenden April 32 Jahre alt wird, um die Digitalisierungsstrategie des Beratungshauses und fungiert als Geschäftsführer der Berliner Tochtergesellschaft.
Laut Manager Magazin sei das Verhältnis zwischen Fabian Kienbaum und Kunz nicht gerade harmonisch. Offenbar mache sich der Junior nun ans Aufräumen, so die Hamburger Journalisten.
9. März 2016 / pan