Die italienische Großbank Unicredit hat die Headhunter von Egon Zehnder mit der Suche nach ihrem neuen Vorstandschef beauftragt. Das geht aus einer aktuellen Mitteilung des Mailänder Geldhauses hervor. Die Zehnder-Konkurrenten Spencer Stuart, Russell Reynolds und Korn Ferry, die sich laut Berichten in italienischen Medien ebenfalls um den Auftrag beworben hatten, gingen leer aus.
Unicredit (das Foto zeigt die Zentrale des Konzerns in Mailand) hat vor allem in Mittel- und Osteuropa eine starke Stellung. Zu der Gruppe gehören unter anderem auch die Münchner HypoVereinsbank und die Wiener Bank Austria. Das weltweite Unicredit-Netzwerk umfasst rund 50 Länder mit weit über 7000 Filialen und mehr als 140.000 Mitarbeitern.
Hintergrund für den Auftrag an Egon Zehnder ist der letzte Woche erfolgte Rücktritt von Unicredit-Chef Federico Ghizzoni. Der 60-jährige Jurist stand seit Wochen unter massivem Druck wegen der schwachen Rentabilität und der dünnen Eigenkapitaldecke der Bank.
Furcht vor Kapitalerhöhung
In der Folge hatte die Unicredit-Aktie massiv an Wert verloren. Die Investoren verkauften das Papier, weil sie befürchten, dass die Bank wegen weiterer notleidender Kredite eine Kapitalerhöhung durchführen muss.
Laut Unicredit hatte sich Verwaltungsratspräsident Giuseppe Vita – in Deutschland bekannt als ehemaliger Chef des heute zu Bayer gehörenden Pharmakonzerns Schering – am Mittwoch, den 1. Juni, mit den für Personalfragen zuständigen Mitgliedern des Unicredit-Kontrollgremiums getroffen, um über die Vergabe des Auftrags zur Suche des Nachfolgers von Ghizzoni zu entscheiden.
Zu diesen Mitgliedern zählen der ehemalige Ferrari-Chef Luca Cordero di Montezemolo, der bekannte italienische Rechtswissenschaftler Vincenzo Calandra Buonaura sowie die ehemalige McKinsey-Beraterin und heutige Multi-Aufsichtsrätin Clara Streit.
Die Headhunter müssen sich beeilen: Laut gut informierten Kreisen darf die Suche nach dem neuen Unicredit-Chef allenfalls etwa vier Wochen dauern. Üblicherweise aber nehmen solch knifflige Aufträge mehrere Monate in Anspruch.
Mögliche Nachfolger
Kein Wunder also, dass bereits die Namen möglicher Ghizzoni-Nachfolger kolportiert werden. Im Gespräch ist laut Medienberichten vor allem Marco Morelli, der Vizepräsident der Bank of America Merrill Lynch für Europa und Nahost. Auch dem Franzosen Jean Pierre Mustier, Ex-Chef der Abteilung Corporate & Investment Banking von Unicredit, werden Chancen eingeräumt. Andere Beobachter der italienischen Bankenbranche setzen auf den Verwaltungsratspräsidenten der Banca Imi, Gaetano Micciche, oder den Chef der Mailänder Investmentbank Mediobanca, Alberto Nagel.
Das Rennen um den Topjob mag zwar offen sein, aber der Aufgabenkatalog für die neue Nummer eins bei Unicredit steht bereits fest: Ghizzonis Nachfolger muss die Kapitaldecke stärken und den Gewinn nach oben treiben. Diese Ziele lassen sich jedoch nur mit dem Verkauf bestimmter Tochtergesellschaften und massivem Personalabbau erreichen.
Angesichts der Gefahr, dass der kommende Unicredit-Chef der herausfordernden Aufgabe nicht gewachsen sein könnte, dürfte sich die Freude über den gewonnenen Auftrag bei Egon Zehnder in Grenzen halten.
1. Juni 2016 / Firmenfoto: Unicredit / Text: pan
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