Sieben Jahre lang stand Thomas Tomkos an der Spitze der deutschen Niederlassung von Russell Reynolds Associates. Jetzt musste der Headhunter das Steuer an eine Kollegin abgeben. Diese hatte den Posten schon einmal inne – allerdings gemeinsam mit einem weiteren Berater. Nun aber soll sie den schwierigen Job alleine machen.
Ulrike Wieduwilt ist nicht zu sprechen. Kein Wunder: Die 53-jährige Beraterin (Foto) hat zurzeit besonders viel zu tun. Wieduwilt muss sich nicht nur um ihre Klienten kümmern, sie soll auch die Geschäfte von Russell Reynolds in Deutschland ankurbeln.
In einer Mitteilung der Firma an die Medien heißt es zwar, dass der Wechsel turnusgemäß erfolge.
Und: Tomkos habe den Umsatz in Deutschland „kontinuierlich gesteigert“ und „renommierte Topberater aus der Industrie und von Wettbewerbern“ an Bord geholt. Doch das ist wohl nicht die ganze Wahrheit.
Platz fünf unter den Big Five
Russell Reynolds Associates gehört zu den Big Five – den fünf größten Headhuntingfirmen der Welt. 1969 in New York gegründet, unterhält das Unternehmen zurzeit insgesamt 47 Büros und beschäftigt weltweit mehr als 370 Berater. Den Gesamtumsatz schätzten die Experten des US-Verlags Hunt Scanlon 2015 auf 490 Millionen Dollar – umgerechnet etwa 463 Millionen Euro.
In Deutschland ist Russell Reynolds seit 1985 präsent – mit Büros in Frankfurt am Main, Hamburg und München. Die verschwiegene Firma hat sich allerdings entschlossen, hierzulande keine Tochtergesellschaft, etwa in Form einer GmbH, zu gründen. Deswegen unterliegen die Headhunter auch keiner Pflicht zur Veröffentlichung ihrer Geschäftszahlen.
Den Deutschland-Umsatz schätzt ConsultingStar auf etwa 21 Millionen Euro. Zum Vergleich: Marktführer Egon Zehnder hatte im vergangenen Jahr hierzulande 89,6 Millionen Euro eingenommen (siehe ConsultingStar-Interview vom 8. Dezember 2016). Und das ist auch kein Wunder: Zehnders Deutschlandchef Michael Ensser hat in den vergangenen Jahren kräftig neues Personal eingestellt und die Kontakte sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Sektor ausgebaut.
Nicht immer eine glückliche Hand
Im Vergleich dazu verhielt sich Wieduwilts Vorgänger, der neben seinem Job als Deutschlandchef auch die CEO- und Board-Practice sowie den Bereich „Aviation, Aerospace & Defense“ verantwortete, vergleichsweise passiv. Außerdem hatte Tomkos beim Anheuern von Consultants nicht immer eine glückliche Hand. Laut der Mitteilung von Russell Reynolds soll sich der Headhunter jetzt wieder verstärkt um seine Klienten kümmern.
Clarke Murphy, Weltchef der Headhuntingfirma, traut Wieduwilt offensichtlich mehr zu. Die Expertin für die Besetzung von Top-Positionen in der Konsumgüterbranche, die seit 1999 für Russell Reynolds arbeitet und – gemeinsam mit einem Frankfurter Kollegen – schon einmal den Posten an der Spitze der deutschen Niederlassung innehatte, gilt als äußerst tüchtig. Von 2014 bis 2016 war Wieduwilt für Russell Reynolds nach China gegangen und hatte dort den Standort Shanghai ausgebaut. Und jetzt – nur wenige Tage nach ihrer Bestellung zur Deutschlandchefin – kann sie bereits einen ersten Erfolg verkünden:
Jürgen Vanselow, der im Oktober 2016 bei Egon Zehnder ausgeschieden war, wechselt zu Russell Reynolds. Der 56-Jährige ist einer der bekanntesten Headhunter für Private Equity-Gesellschaften in Deutschland. Als Managing Director verstärkt Vanselow ab sofort das Financial Services Team von Russell Reynolds in Frankfurt und soll vor allem Finanzinvestoren und Investmentbanken beraten.
----------------------
11. April 2017 / Text: pan / Firmenfoto: Russell Reynolds Associates