Keine Kavaliersdelikte: Im Prozess gegen den ehemaligen Drogeriekönig Anton Schlecker und seine Familie geht es um 36 Fälle des Bankrotts, darunter 13 besonders schwere Fälle. Schadenshöhe: 26 Millionen Euro. Zwei mit angeklagte Wirtschaftsprüfer sind dennoch mit einem blauen Auge davongekommen. Anfang dieser Woche musste auch ein in Branchenkreisen durchaus bekannter Unternehmensberater vor der 11. Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart erscheinen.
Der seinerzeit größte deutsche Drogeriediscounter Schlecker hatte 2012 Insolvenz angemeldet. Rund 25.000 Beschäftigte verloren in der Folge ihre Jobs. Rund zwei Jahre vorher hatte der Firmenchef den Unternehmensberater Timo Renz (Foto) ins Haus geholt. Der Co-Geschäftsführer der Münchner Consultingfirma Dr. Wieselhuber & Partner gilt als erfahrener Experte für die Beratung und Sanierung von angeschlagenen Handelsunternehmen.
Normalerweise lassen sich Consultants wie Renz lieber die Zunge abschneiden, als über Klienten und deren Aufträge zu plaudern. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Einsatz so unerfreulich verläuft wie der bei Schlecker. Doch Renz hatte keine Wahl: Das Gericht hatte ihn als Zeugen in dem Strafverfahren geladen, und Zeugen sind nun einmal nach dem Gesetz verpflichtet, vor Gericht zu erscheinen und zur Sache auszusagen.
„Fit for Future“
Laut Renz befand sich Schlecker 2010 bereits in einer Schieflage, hätte aber durchaus gerettet werden können. Ein entsprechendes Konzept („Fit for Future“) hatten er und sein Team erstellt. Demnach gab es für jeden Laden der Kette nur zwei Optionen: Schließung oder Neuanfang mit Renovierung, Umbau und neuem Ladenmanagement.
Anfangs sei dieses Konzept auch konsequent umgesetzt worden, so Renz. Genauer: Von 8000 Filialen wurden 2500 Verlustbringer dicht gemacht. Im Februar 2011 erhielten dann einige Geschäfte ein neues Logo, wurden neu eingerichtet und besser geführt. Mit deutlichem Erfolg: Neun von zehn Kunden, die die Berater befragen ließen, reagierten positiv. Der Umsatz in den renovierten Läden kletterte um fast 17 Prozent nach oben.
Das Konzept fand auch bei den Banken Anklang, zu denen die Münchner Consultants den Kontakt hergestellt hatten. Doch die Verhandlungen mit den Geldgebern verliefen im Sande. Schlimmer noch: Schlecker bremste die Berater aus. Das Konzept wurde nicht weiter umgesetzt – ohne Rücksprache mit den Beratern.
Offene Frage
Die Frage der Richter nach den Gründen für das Scheitern der Kreditverhandlungen ließ Renz offen. „Das müssen Sie Herrn Schlecker fragen“, so der Berater. Er habe sich jedenfalls sehr geärgert, dass er bei den Gesprächen mit den Banken nicht dabei sein durfte.
Das Urteil fällt voraussichtlich im Oktober.
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6. Juli 2017 / Text: pan / Firmenfoto: Dr. Wieselhuber & Partner