Das Timing könnte besser sein: Ausgerechnet kurz nach einer blamablen Panne beim Verkauf des Modelleisenbahn-Herstellers Roco Fleischmann startet KPMG unter dem Namen Matchmaker eine Plattform für Unternehmenskäufe und –verkäufe im Internet. Mit im Boot sitzt der Branchenverband „Die Familienunternehmer“.
Beim Versuch, Roco Fleischmann zu verkaufen, hatte KPMG keineswegs nur – wie bei solch sensiblen Aufträgen üblich – ausgewählte Interessenten direkt angesprochen, sondern zumindest in einem Fall, über den das Hamburger Fachblatt Manager Magazin in seiner Online-Ausgabe berichtete, eine E-Mail an eine im Impressum einer Unternehmenswebsite stehende Internet-Adresse (info@) verschickt.
Ein Angebot von vielen
Vor diesem Hintergrund erscheint die Kombination KPMG, Internet und Unternehmensverkäufe nicht gerade attraktiv. Außerdem gibt es bereits derartige Angebote. Neben der staatlich geförderten nexxt change, bei der Sparkassen, Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Industrie- und Handelskammern mitmischen, existieren zahlreiche privatwirtschaftlich betriebene Verkaufsplattformen im Internet, etwa die DUB – Deutsche Unternehmensbörse.
Dass nun auch KPMG eine solche Plattform ins Netz stellt, hat wohl vor allem mit Lutz Göbel (Foto) zu tun. Von dem umtriebigen Chef eines Krefelder Industrie-Unternehmens, der auch im Präsidium des Verbands Die Familienunternehmer sitzt, stammt jedenfalls die Idee zu Matchmaker. Verschiedenen Medienberichten zufolge hat der ehemalige Unternehmensberater Göbel vor einigen Jahren wohl selbst schlechte Erfahrungen gemacht, als er sich auf die Suche nach einer zu ihm passenden Firma begeben hatte.
Ab drei Millionen Euro Umsatz
Laut KPMG ist es Ziel von Matchmaker, mittelständische Unternehmer und Kaufinteressenten möglichst diskret miteinander in Kontakt zu bringen. Eine Einschränkung hinsichtlich der Branche gibt es nicht, wohl aber mit Blick auf die Größe: „Unsere Zielgruppe sind auf der Verkäuferseite Unternehmen ab drei Millionen Euro Umsatz“, sagt Michael Königer, Manager im Münchner Büro von KPMG, gegenüber ConsultingStar.
Dadurch grenzt sich Matchmaker auch von Verkaufsbörsen wie nexxt change ab, wo auch Inhaber kleiner Handwerksunternehmen, die in Rente gehen wollen, Käufer für ihre Betriebe suchen können.
Als Käufer kommen bei Matchmaker nicht nur Personen in Betracht, die ein Unternehmen selbst führen wollen, sondern auch Finanzinvestoren oder Interessenten aus der Private-Equity-Branche.
Wie eine Dating-Plattform
Das Angebot funktioniert im Prinzip wie eine jener Dating-Plattformen, auf der Männer und Frauen ihr passendes Gegenstück finden können. Kaufinteressenten und Verkäufer müssen sich zunächst einmal bei Matchmaker registrieren. Nach der Freischaltung des Nutzerkontos erhalten sie die Möglichkeit, ein Profil anzulegen.
Unternehmer sollen möglichst präzise Angaben zu Branche, Umsatz, Mitarbeitern und zum Prozentsatz der zu verkaufenden Firmenanteile machen. Außerdem müssen die Verkäufer bestimmte Dokumente hinterlegen, etwa den Jahresabschluss, einen Handelsregisterauszug und eine Kopie des Personalausweises.
Auch Kaufinteressenten müssen möglichst genaue Angaben machen – zu den von ihnen bevorzugten Branchen, der gewünschten Region, zum erwarteten Umsatz und Gewinn sowie der gesuchten Anteilshöhe. Außerdem müssen sie Kopien ihrer Ausweisdokumente oder – falls es sich um Unternehmen handelt – einen Handelsregisterauszug hochladen.
Lange Wartezeit
Im Gegensatz zu den Dating-Portalen dauert es bei Matchmaker nach dem Erstellen eines Profils erst einmal bis zu zwei Wochen, bis die Portalwächter von KPMG die entsprechenden Daten geprüft und das Profil freigeschaltet haben. Dieses Prozedere soll garantieren, dass sich nur seriöse Interessenten auf der Plattform aufeinander zu bewegen, so Königer.
Nach der Freischaltung vergleicht ein sogenannter Matching-Algorithmus die Profile von Verkaufswilligen und Kaufinteressenten miteinander und sagt den Teilnehmern, wer zu wem passt. Königer betont, dass die Anonymität der Teilnehmer bis zu diesem Zeitpunkt gewahrt bleibe. Matchmaker gebe erst dann Namen und Kontaktdaten frei, wenn beide Seiten ausdrücklich zugestimmt haben.
Bleibt zu hoffen, dass es keine weitere Panne wie im Fall Roco Fleischmann gibt.
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11. September 2017 / Text: pan / Foto: Die Familienunternehmer e.V.