Pionier der Consultingbranche: William („Bill“) Worthington Bain Jr. ist am Dienstag vergangener Woche in seinem Haus in Naples im US-Bundesstaat Florida an den Folgen einer Alzheimer-Erkrankung gestorben. Der Namensgeber und Mitgründer der US-Beratungsgesellschaft Bain & Company sowie der Private-Equity-Firma Bain Capital wurde 80 Jahre alt.
Bain & Company zählt mit über 7000 Mitarbeitern, 55 Büros in 36 Ländern und einem Umsatz von schätzungsweise vier Milliarden US-Dollar neben McKinsey und Boston Consulting zu den führenden Adressen der Consultingindustrie. Bain Capital – wie Bain & Company in Boston an der Ostküste der USA ansässig – gehört mit einem verwalteten Vermögen von rund 85 Milliarden US-Dollar zu den wichtigsten Akteuren der internationalen Finanzbranche.
Sohn eines Lebensmittel-Großhändlers
Die Geschichte beider Unternehmen ist untrennbar verbunden mit dem Namen von Bill Bain (Foto), der am 30. Juli 1037 in Johnson City im US-Bundesstaat Tennessee als Sohn eines Lebensmittel-Großhändlers geboren wurde.
Anfangs sah es keineswegs so aus, als würde Bill eine Karriere in der Wirtschaft anstreben. Jedenfalls hatte sich der junge Mann für ein Geschichtsstudium an der East Tennessee State University eingeschrieben. Zwei Jahre später wechselte er an die renommierte Privatuniversität Vanderbilt, wo er 1959 seinen Abschluss machte.
Es folgte ein kurzes Engagement bei einem Stahlhersteller, bevor er wieder an die Vanderbilt-Universität zurückkehrte und dort einen Job als Verantwortlicher für das Einwerben von Sponsorengeldern annahm. Beim Umgarnen von reichen Leuten aus der Wirtschaft scheint Bain aber so erfolgreich gewesen zu sein, dass ein gewisser Bruce Henderson auf ihn aufmerksam wurde. Der Gründer von The Boston Consulting Group machte Bain das Angebot, als Berater für seine Firma zu arbeiten – und Bain sagte zu.
Ungeduldig und unzufrieden
Henderson hatte Bains Talent richtig eingeschätzt. Der Neue sorgte schnell für Furore, und in den frühen 1970er Jahren wurde er firmenintern sogar als einer der möglichen Nachfolger von Henderson gehandelt. Doch Bain wollte nicht so lange warten, bis Henderson endlich den Chefsessel freimachte. Außerdem war er unzufrieden mit dem projektbezogenen Beratungsansatz, der die Arbeit bei Boston Consulting kennzeichnete. Bain entschied sich für den Schritt in die Selbstständigkeit.
1973 gründete er Bain & Company – zusammen mit einigen seiner Arbeitskollegen. Henderson war nicht gerade amüsiert, zumal ihm sein ehemaliger Mitarbeiter lange Zeit nicht nur erfahrene Berater abspenstig machte, sondern auch wichtige Klienten abwarb, etwa den Bohrmaschinen-Hersteller Black & Decker, den Taschenrechner-Riesen Texas Instruments oder den Saatgut- und Pestizid-Produzenten Monsanto. „Es war Krieg“, soll Henderson später in einem Interview über sein Verhältnis zu Bain gesagt haben.
Dessen ungeachtet entwickelte sich Bain & Company rasant und machte bald nicht nur Boston Consulting, sondern auch dem Branchenprimus McKinsey ernsthaft Konkurrenz. Kein Wunder: Damals beschränkten sich die noblen Strategieberater meist nur darauf, ihren Klienten dicke Strategiepapiere in die Hand zu drücken – von denen viele dann für immer in den Schreibtischschubladen der Auftraggeber verschwanden. Bain & Company aber machte sich einen Namen als die Firma, deren Consultants sich auf einen Klienten pro Industrie konzentrierten und diesen systematisch bei der Umsetzung einer neuen Unternehmensstrategie unterstützten. Die Bainies, wie sie sich bald selbst gerne nannten, arbeiteten länger für ihre Auftraggeber und erzielten konsequenterweise auch erheblich mehr Honorarumsatz pro Klient als ihre Konkurrenten.
An den Rand der Pleite getrieben
Consultants wären nicht so erfolgreich, würden sie nicht hemmungslos von erfolgreichen Konkurrenten abkupfern. Und genauso verhielt es sich auch im Falle Bain & Company: Andere Berater kopierten Bains Erfolgsrezept. Doch es war der Firmengründer selbst, der Bain & Company Ende der 1980er Jahre an den Rand der Pleite getrieben hat.
Bill Bain und seine Gründungspartner, die bis dato die weitaus überwiegende Mehrheit der Firmenanteile hielten, wollten damals Kasse machen. Sie veranlassten die Firma, Kredite aufzunehmen, womit diese ein Drittel der Anteile kaufte und einen Mitarbeiter-Beteiligungsplan auflegte.
Die Rechnung der Consultants ging jedoch nicht auf. Ein Konjunktureinbruch und der Skandal um die Beratung des irischen Bierbrauers Guinness sorgten für einen dramatischen Rückgang der Aufträge. Die Firma geriet in eine Schieflage. Nur mit Mühe gelang es der Führungscrew um die heutige Chairwoman Oriet Gadiesh und den späteren Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney, Bain & Company wieder auf Kurs zu bringen.
Die dramatischen Ereignisse von Ende der 1980er Jahre sind vielleicht auch der Grund, warum Bain & Company nur mit einem eher lieblosen Nachruf auf der Firmenwebsite an Bill Bain erinnert. Eine Mitteilung an die Medien hat Bain & Company bis heute nicht verschickt – weswegen die Nachricht über Bains Tod auch erst mit gut einer Woche Verzögerung von den Medien aufgegriffen wurde.
22. Januar 2018 / Text: pan / Firmenfoto: Bain & Company