Herbe Niederlage für Rajeev Vasudeva: Mit Jillian („Jill“) Ader rückt zum ersten Mal eine Frau an die Spitze der schweizerischen Headhuntingfirma. In einer geheimen Abstimmung, die letzte Woche auf einem Treffen der Partner in San Francisco stattfand, triumphierte die Britin über den amtierenden Zehnder-CEO, den Inder Vasudeva. Ader folgt auf den Australier Damien O’Brien, der den Verwaltungsrat der Firma seit 2010 als Vorsitzender leitet und im November aus Altersgründen ausscheidet.
Ader (Foto) arbeitet seit 1996 für Egon Zehnder. Dem fünfköpfigen Verwaltungsrat der Firma gehört sie als Mitglied bereits seit einigen Jahren an.
Hauptsächlich aber berät sie als Senior Partner im Londoner Zehnder-Büro die Klienten des Unternehmens bei der Suche und Auswahl von Topmanagern und Aufsichtsräten.
Ader ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder – zwei Söhne und eine Tochter. Die künftige Zehnder-Chefin hat an der Universität Nottingham Geographie studiert und einen Master-Abschluss an der London Business School erworben. Bevor sie sich für eine Beraterkarriere entschied, arbeitete sie unter anderem bei der britischen Bank NatWest und im Management der Baumarktkette Kingfisher.
Entscheidende Rolle
Egon Zehnder ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts. Der Verwaltungsrat eines solchen Unternehmens hat mehr Befugnisse als der Aufsichtsrat einer deutschen AG, selbst wenn er wie bei Zehnder die Geschäftsführung auf einen CEO delegiert hat.
Zwar kümmert sich der Verwaltungsrat hauptsächlich um die langfristige strategische Ausrichtung und Kontrolle der Geschäfte. Bei Abstimmungen kann der Vorsitzende des Gremiums jedoch die entscheidende Rolle spielen.
Deswegen rückte bei Zehnder in den vergangenen Jahren auch stets der amtierende CEO auf den Sessel des Vorsitzenden des Verwaltungsrats. Diesmal jedoch votierte die Mehrheit der rund 250 Zehnder-Partner gegen den CEO.
Vor diesem Hintergrund spekuliert die Londoner Wirtschaftszeitung Financial Times bereits, dass Vasudeva (unteres Foto) wegen der Wahlschlappe Egon Zehnder demnächst den Rücken kehren könnte.
Zehnders „humanistische Seite“
Die Partner der Firma seien zwar angewiesen worden, den Wahlausgang nicht in der Öffentlichkeit zu diskutieren, heißt es in dem Bericht der Zeitung. Das Blatt zitiert jedoch einen nicht namentlich genannten Insider mit der Bemerkung, Ader stehe für die humanistische Seite von Egon Zehnder, Vasudeva dagegen für Leistung.
Der Chef der deutschen Zehnder-Tochtergesellschaft Michael Ensser widerspricht jedoch der Interpretation, dass es bei der Wahl um die strategische Ausrichtung der Firma gegangen sei: Es habe sich um eine reine Personalentscheidung gehandelt, so Ensser gegenüber ConsultingStar.
Egon Zehnder hat seinen Hauptsitz in Zürich. Die Firma befindet sich vollständig im Besitz ihrer Partner. Zehnder beschäftigt rund 450 Berater in 40 Ländern rund um den Globus. 2017 erzielten die Consultants einen Umsatz von 639,5 Millionen Franken, umgerechnet etwa 554 Millionen Euro. Damit gehört die Firma zu den weltweit fünf größten Anbietern von Executive Search und Leadership Consulting.
27. Juni 2018 / Text: pan / Firmenfotos: Egon Zehnder