Neues Jahr, neues Logo, alte Probleme: A.T. Kearney hat seinen Markenauftritt modernisieren lassen. Doch das Ergebnis kann nicht wirklich überzeugen. Dennoch lässt es hoffen, dass die Chefs der traditionsreichen Firma endlich eine Antwort auf eine zentrale Frage finden, die sie seit Jahren quält.
Kearney ohne AT: Die Firma streicht die beiden Initialen ihres Gründers Andrew Thomas Kearney aus ihrem Logo. An dessen Werten wolle man aber weiterhin festhalten, betonen die Consultants. Und: Der neue Name unterstreiche die Tatsache, dass der Erfolg einer Beratungsfirma wohl niemals einer einzelnen Person zugeschrieben werden könne. Da wird wohl niemand widersprechen.
Das Rebranding macht sich nicht aber nicht nur auf dem Briefpapier und den Visitenkarten der Berater bemerkbar: Kearney verzichtet ab sofort auf Stock-Fotos, also jene meist qualitativ hochwertigen, vorproduzierten Profi-Aufnahmen, die man üblicherweise teuer bei Bildagenturen kaufen muss.
Amateur-Fotos statt Profi-Material
Künftig wollen die Consultants für ihre Publikationen, Präsentationen und Websites nur noch Bilder verwenden, die von den eigenen Mitarbeitern aufgenommen wurden. Rund 10.000 Fotos seien bereits gesammelt worden, so die Firma. Ein Schelm, wer dabei sofort an Kearneys schmales Marketingbudget denkt.
Einen großen Teil der fürs Marketing verfügbaren Mittel dürfte die renommierte Designagentur Siegel + Gale verschlungen haben, die ansonsten eher für zahlungskräftige Kunden arbeitet – und nicht für eine knausernde Consultingfirma, die noch heute unter der schmerzhaften Abnabelung vom texanischen IT-Konzern EDS leidet.
„Das neue Logo zeigt den Namen in schmalen Großbuchstaben und ohne das bekannte Dunkelrot“, schreibt das Handelsblatt ganz zutreffend über die Arbeit der Londoner Agentur. Kearney setze jetzt auf „ein elegantes Schwarz-Weiß und punktuell auf die Farbe Purpur“, so die Düsseldorfer Wirtschaftszeitung.
Motto: „simple is smart“
Zugegeben: Das alte ATKearney-Logo war in der Tat etwas angestaubt. Trotzdem drängt sich einem der Gedanke auf, dass sich die Kreativen aus London bei ihrer Arbeit am Motto ihrer eigenen Agentur („simple is smart“) orientiert haben. Außerdem erinnert Kearneys neues Corporate Design stark an die Marke des skandalgeschüttelten US-Mietwagenvermittlers Uber oder an das neue Label des durch mutwilliges Verbrennen eigener Ware in Verruf geratenen Londoner Luxuskonzerns Burberry.
Irgendwie passt das neue Logo aber dann doch zu einer Firma, die einst angetreten war, McKinsey und Boston Consulting das Fürchten zu lehren. Heute ist Kearney jedoch – wie Firmenchef Alex Liu unlängst in einem Interview mit einer australischen Zeitung zugab – der „Underdog“ unter den klassischen Managementberatern. Lius Beratertruppe erzielt im Jahr schätzungsweise 1,3 Milliarden US-Dollar Umsatz. McKinseys Jahresumsatz liegt dagegen bei über zehn Milliarden US-Dollar. Der Umsatz von Boston Consulting betrug zuletzt 7,5 Milliarden Dollar.
Neue Konkurrenz
Und der Abstand zwischen den sogenannten Top Tier Firmen und Kearney wird von Jahr zu Jahr größer. Schlimmer noch: Neben dem Branchendritten Bain & Company und den vier großen Prüfungsfirmen Deloitte, EY, KPMG und PwC machen Kearney heute auch noch Spezialisten wie die Sanierungsberater von Alix Partners oder die Auto-Experten von Berylls ernsthafte Konkurrenz.
„Der aufregendste Aspekt unserer neuen Marke ist, dass sie uns so präzise wiedergibt“, schwärmt indes Kearneys Deutschlandchef Martin Eisenhut. Kearney sei „echt, ehrlich und erfrischend“, behauptet der Consultant. Soll das etwa heißen: Die anderen sind unecht, unehrlich und nicht sonderlich erfrischend?
Fragt sich nur, warum dann so viele tüchtige Mitarbeiter dieser erfrischenden Firma zu den langweiligen Konkurrenten übergelaufen sind.
Die neue Marke rücke jetzt diejenigen in den Mittelpunkt, die sie ausmachen: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma, sagt Martin Eisenhut. Bravo. Und zumindest ein erster Ansatz, um den Aderlass bei Kearney endlich zu stoppen.
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16. Januar 2020 / Text: pan / Logos: A.T. Kearney bzw. Kearney