Russell – wer? So heißt es immer wieder in den Topetagen der Wirtschaft oder in den Redaktionen der Wirtschaftsmedien, wenn der Name Russell Reynolds Associates fällt. Die Nummer Vier unter den Big Five – den fünf großen, weltweit arbeitenden Headhuntingfirmen – leidet unter ihrem geringen Bekanntheitsgrad in Europa, speziell in Deutschland. Das soll sich jetzt aber ändern.
„Headhunter Matthias Scheiff will zu Branchenprimus Egon Zehnder aufschließen“ titelte gestern die Düsseldorfer Wirtschaftszeitung „Handelsblatt“. Wer weiterliest, erfährt aber nicht viel mehr als das, was in der Mitteilung von Russell Reynolds an die Medien steht.
Demnach hat Scheiff (Foto) am 1. September die Leitung des Deutschlandgeschäfts bei Russell Reynolds übernommen.
Der 51-jährige Diplomkaufmann und Investmentanalyst startete seine Karriere bei der Deutsche Börse AG und setzte sie fort bei HSBC Trinkaus & Burkhardt, heute Teil der britischen Großbank HSBC.
Bei Russell Reynolds stieg Scheiff schnell auf zum Managing Director und Partner. Dennoch wechselte er zur Konkurrenz: Bei Spencer Stuart war er zunächst Head of Financial Services in Deutschland und wurde später zum Co-Global Head of Banking and Capital Markets ernannt.
Präsenz in mehreren Beiräten
2019 kehrte Scheiff zu Russell Reynolds zurück, wo er von Frankfurt am Main aus bevorzugt Banken und andere Unternehmen der Finanzbranche bei der Besetzung von Top-Positionen und Aufsichtsratsposten berät. Der Headhunter sitzt zudem im Beirat mehrerer Beteiligungs- und Holdinggesellschaften, auch von bekannten Familienunternehmen.
Scheiff löst Ulrike Wieduwilt ab. Die 58-jährige Spezialistin für die Besetzung von Führungspositionen in der Konsumgüterindustrie übernehme die Leitung des Büros von Russell Reynolds in Singapur, heißt es weiter in der Mitteilung.
Unter Wieduwilts Führung habe sich Deutschland zu einem der erfolgreichsten Länder von Russell Reynolds entwickelt, betont Matthias Oberholzer, der Europachef der Firma. Und: 2020 sei das erfolgreichste Jahr von Russell Reynolds in Deutschland gewesen. Zahlen nennt Oberholzer nicht. ConsultingStar schon.
1969 in New York gegründet, unterhält die Firma zurzeit 47 Büros rund um den Globus und beschäftigt weltweit etwa 470 Berater. Den Gesamtumsatz schätzten die Experten des US-Verlags Hunt Scanlon 2020 auf 689,5 Millionen Dollar – umgerechnet etwa 583 Millionen Euro. 2019 hatten die Consultants von Russell Reynolds 768,3 Millionen Dollar kassiert – neun Prozent mehr als 2020.
Herbe Umsatzeinbußen
Auch in Frankreich und Großbritannien musste die Firma im vergangenen Jahr herbe Umsatzeinbußen hinnehmen.
In Deutschland ist Russell Reynolds seit 1985 präsent – mit Büros in Frankfurt am Main, Hamburg und München. Die verschwiegene Firma hat sich allerdings entschlossen, hierzulande keine Tochtergesellschaft, etwa in Form einer GmbH, zu gründen. Deswegen unterliegen die Headhunter auch keiner gesetzlichen Pflicht zur Veröffentlichung ihrer Geschäftszahlen.
Den Deutschland-Umsatz von Russell Reynolds schätzt ConsultingStar auf unter 30 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die deutsche Tochtergesellschaft von Konkurrent Egon Zehnder hatte im Geschäftsjahr 2018/2019 rund 95 Millionen Euro Honorarumsatz verbucht (siehe hierzu auch das ConsultingStar-Interview mit Hanns Goeldel, dem Deutschlandchef von Egon Zehnder).
Wie Scheiff es angesichts eines derart weiten Abstands schaffen will, zum Marktführer aufzuschließen, bleibt wohl sein Geheimnis. Eine Anfrage von ConsultingStar ließ der Consultant jedenfalls unbeantwortet.
2. September 2021, aktualisiert am 3. September / Text: pan / Firmenfoto: Russell Reynolds