Nicht eingehaltene Termine, zu hohe Kosten, Abstriche bei der Qualität: Vier von zehn Entwicklungsprojekten im deutschen Maschinen- und Anlagenbau verfehlen ihre Ziele. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Studie, die die schwäbische Beratungsfirma Staufen gemeinsam mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) erstellt hat.
Das Papier mit dem Titel „Lean Development im deutschen Maschinenbau 2015“ beruht auf einer Umfrage unter Verantwortlichen in 138 Unternehmen der Branche. Die Antworten zeigen, dass viele Unternehmen bei Entwicklungsprojekten zu sehr aus dem Bauch heraus und zu unkoordiniert arbeiten.
Keine systematische Steuerung
„Den Unternehmen fehlt die konsequente und systematische Steuerung von der Idee bis zur Produkteinführung“, sagt Studienleiter Andreas Romberg, bei Staufen für den Bereich Lean Development verantwortlich.
Die Defizite in Forschung, Entwicklung und Konstruktion lassen sich mit Zahlen belegen: 38,5 Prozent der Projekte schaffen die gesetzten Ziele nicht – und viele Neuentwicklungen verfehlen gleich in mehrerer Hinsicht die Vorgaben.
Die größten Probleme bereitet den Maschinenbauern dabei die Einhaltung des zugesagten Liefertermins (83 Prozent). Hinzu kommen die Überschreitung der Herstellkosten (59 Prozent) und des geplanten Entwicklungsbudgets (32 Prozent). Mit 13 Prozent deutlich niedriger, dennoch ein Grund zur Sorge, ist die Nichteinhaltung der Qualitätsanforderungen.
Wenn auch die Arten der Zielverfehlung unterschiedlich sind, allen gemein ist, dass sie den Unternehmen teuer zu stehen kommen.
Kostenintensive Zusatzschleifen
Der Maschinenbau lebe von seiner Innovationsstärke, sagt Frank Bünting, Leiter Betriebswirtschaft beim VDMA. Diese Innovationskraft aber erkauften sich viele Unternehmen durch kostenintensive Zusatzschleifen in der Entwicklung.
Die Ergebnisse der Studie zeigen zudem, dass die Prinzipien einer effizienten und effektiven Entwicklungsarbeit bei deutschen Maschinen- und Anlagenbauern bisher sehr unterschiedlich zur Anwendung kommen.
Immerhin: Die Unternehmen wissen, wo sie hin wollen: 66 Prozent der Befragten sagen jedenfalls, dass sie über eine schlüssige Entwicklungsstrategie verfügten. Und auch die Prozesse stimmen bei vielen untersuchten Unternehmen.
Doch gerade im wichtigen Bereich der Technologie- und Produktentwicklung zeigen sich deutliche Schwächen. Zwar haben die Unternehmen erkannt, welche Potenziale in der Standardisierung und Modularisierung liegen, schöpfen diese aber bei weitem nicht aus. Noch immer wird das Rad offenbar neu erfunden.
Erheblicher Handlungsbedarf
Auch in der Entwicklungsorganisation, dem Multiprojektmanagement und der wirksamen Führungsarbeit vor Ort, dem Shopfloor Management, offenbart sich erheblicher Handlungsbedarf.
„Erfahrungsgemäß können viele Projektleiter die einfache Frage: „Wo stehen Sie in dem Projekt?“ häufig nicht zufriedenstellend beantworten. Dabei ist gerade Shopfloor Management auch in indirekten Bereichen ein wichtiger Stellhebel, um die fristgerechte Fertigstellung von Entwicklungsprojekten sicherzustellen“, betont Experte Romberg.
enag/pan